Was bedeutet Qigong?
Qigong bedeutet übersetzt etwa Arbeit oder Übung zur Kultivierung und Lenkung des qi. Nach chinesischer Vorstellung wird durch Qigong das qi des Körpers gemehrt, gereinigt und in seinem Fluss optimiert. Es handelt sich um eine Jahrtausende alte Kunst konzentrativer Atem- und Bewegungsübungen.
Was ist Qigong?
Nach dem Heidelberger Modell der Chinesischen Medizin besteht die Diagnose der Chin. Medizin in der Erhebung eines vegetativen Zustandsbilds. Das bedeutet, dass Nerven- und Botenstoffe ein für den Patienten spezifisches Funktionsbild erzeugen. Die chinesische Medizin hat eine präzise Sprache entwickelt, diese Zustandsbilder systematisch zu erfassen und damit therapierbar zu machen. Eine dieser Therapieformen stellt das Qigong dar.
Nach westlicher Vorstellung werden alle Funktionen des Menschen vom Nervensystem erfasst. Diesen Prozess der Selbstwahrnehmung nennt man Propriozeption. Er bildet sozusagen das funktionelle Zustandsbild des Körpers im Gehirn ab. Das Gehirn als Organ der Steuerung braucht dieses Abbild der Funktionen, um seinerseits die Organfunktionen zu regulieren. Dies geschieht über eine Vielzahl von Mechanismen, welche die Nervenfasern des vegetativen Systems, Botenstoffe und zelluläre Funktionen einschließen.
Beim Qigong dehnt man die Leitbahnen und deren Reflexpunkte
Beim Qigong dehnt man die Leitbahnen und deren Reflexpunkte (Akupunkturpunkte) in einer genau festgelegten Form, so dass ein Zustand funktioneller vegetativer Gleichgewichte (vegetative Euregulation) einsetzt. Durch die Lenkung der Atmung und durch Konzentration auf bestimmte Atemzielpunkte, Dantien genannt, nimmt man bestimmte Leibregionen im Bewusstsein, während des Qigong, verstärkt wahr. So kann die Regulation der Organfunktionen durch das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) verbessert werden. Beim Üben des Qigong treten zudem das rational-kognitive Lösungsdenken und programmatisch konfliktbeladene Konstellationen der Biographie völlig in den Hintergrund. Hierzu werden unter anderem Bilder aus der Natur für die Imagination des Patienten verwendet. So setzt eine vegetative Euregulation ein und kann sich synaptisch bahnen. Der Begriff der synaptischen Bahnung entstammt der Neurologie. Er bezeichnet die bevorzugte Verwendung (Bahnung) einer Nervenverschaltung, die sich daher im Gehirn verstärkt ausprägt.
Man kann Qigong mit der Übung der Finger eines Pianisten vergleichen. Diese Bewegungen kann im Prinzip jeder Mensch ausführen, doch durch Einübung (synaptische Bahnung) laufen sie automatisch und in unglaublicher Perfektion ab. Man nennt dies auch, ganz im klassischen Sinne von Thomas von Aquin, die Erzeugung eines Habitus durch Überformung: ein eigentlich „normaler“ Vorgang wird eingeübt, solange bis er sich festigt und verfeinert, und so zum Habitus, zur eingeübten inneren Haltung, der Person wird. Das Klavier wird „Teil des Menschen“. Ebenso wird die Übung mit ihrer Heilwirkung in die Person integriert. In klassische Schriften der TCM heißt es: „das yin (hier: der Körper in seiner Struktur) ist der Speicher aller Wirkungen und Funktionen“.
Ähnlich werden beim Qigong synaptische Bahnungen vegetativer Funktionen durchgeführt, die es immer wieder ermöglichen, in einen euregulierten Zustand zu gelangen. Dies befreit in der Folge auch die Emotionalität des Menschen, und die damit verbundenen starren Festlegungen, die extreme emotionale Zustände im Rollenverhalten erzeugen. Der Mensch wird freier. Man könnte Qigong auch als ein Re-modelling des Vegetativums bezeichnen, oder als eine traditionelle Bio-Feedbacktherapie.
Das bedeutet, dass beim Qigong über eine behutsame, aber systematische Schulung der Eigenwahrnehmung von Körperfunktionen eine regulierende Wirkung erzielt wird, und diese Wirkung vom Patienten „eingeübt“ wird. Die Pflege dieses Vorganges zur Erlangung eines euregulierten Zustandes ist ein Teil der Chinesischen Medizin.
Qigong und Taiji sind vor allem bei den typischen Stress- und Zivilisationserkrankungen wie Nervosität, innerer Unruhe, Bluthochdruck, Überarbeitung, Angststörungen, Schmerzzustände, Rückenerkrankungen, und funktionellen Störungen aller Art wirksam. Nach der TCM sind dieses vor allem Indikationen, bei denen das hepatopulmonale Gleichgewicht, der Fluss der Energieformen qi und xue, betroffen sind oder mental-emotionale Probleme innere Störungen verursachen.